Anleitung, die Deutschen zu lieben

Kapitel I (2 Teil)

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Je mehr man fürchtet, ihnen ähnlich zu sein, umso mehr beteuert man, »die Deutschen zu hassen«. Im argentinischen Cordoba schießt 1978 der Österreicher Hans Krankl wenige Minuten vor Schluß das entscheidende 3:2 gegen Deutschland und ebnet damit Bearzots Azzurri den Weg ins Halbfinale. Die Wiener Zeitungen schreiben, daß »Krankl die Deutschen bestraft hat«. Bestraft wofür, weswegen?

Die Beziehung zwischen sieben, acht Millionen Österreichern und 80 Millionen Deutschen sei eine merkwürdige Mischung aus Minderwertigkeitskomplex und Rachegefühlen, schreibt das Wiener Wochenmagazin »Profil«. Es ist zwecklos, die Geschichte zu bemühen, den Krieg zwischen dem Alten Fritz und Maria Theresia oder Hitler. Ein alter Scherz: Die Österreicher haben das Wunder vollbracht, den Rheinländer Beethoven zu einem Wiener und den Österreicher Hitler zu einem Deutschen zu machen, aber laut einer Umfrage aus dem Jahr 1994 ist die Hälfte der Landsleute von Mozart und Adolf tatsächlich überzeugt, dies sei die Wahrheit.

Osterreich ist das Lieblingsziel der deutschen Touristen, die die Zahlungsbilanz des kleinen Nachbarn aufrechterhalten. Kreisky erinnerte daran, daß es in Österreich »im Verhältnis« mehr Parteigenossen gab als in Deutschland. 1938 begrüßten Millionen Österreicher begeistert den Anschluß und die Ankunft des »Landsmannes« Hitler in Wien, aber sieben Jahre später haben sie nach dem Beethoven-Wunder noch ein Wunder vollbracht und es geschafft, von den Siegern als »Opfer des Nationalsozialismus« anerkannt zu werden.

Eines der entschiedensten Argumente gegen den Beitritt Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft war die Vorstellung, daß »wir letztendlich vom allzu starken Deutschland verschluckt würden«. Jenseits des Brenners ist es die schlimmste Beleidigung, wenn man einen Österreicher als »deutsch« bezeichnet, eine Sünde, die die leichtfertigen Italiener allzu oft begehen. Sogar die Tiroler, ob aus dem Norden oder dem Süden, sind nicht besonders gern gesehen: Wegen ihrer historischen Beziehungen zu Bayern werden sie weniger als Österreicher denn als »falsche Deutsche« betrachtet.

Hören Sie sich einmal die Lieder an, die in Westernfilmen im Saloon gesungen werden, und deutsche Volkslieder aus dem letzten Jahrhundert: Sie sind ausgesprochen ähnlich, aber nicht, weil sich alle Volksmelodien ähneln.

Die Mädchen, die unbeholfen für Billy the Kid und Doc Holliday hopsten, und die Tingel-Tangel-Mädchen waren fast alle pausbäckige Deutsche, die vor dem Hunger im ländlichen Sachsen und Pommern geflohen waren, wo Schädlinge die Kartoffelernte zerstörten. Nashvilles Wurzeln reichen bis in die endlose Heidelandschaft rund um Hamburg zurück.

Diese Verwandtschaft, die im Unterbewußtsein gärt, erklärt die widersprüchlichen Urteile der Yankees über die Deutschen. 72 Prozent finden die Deutschen sympathisch, aber 41 Prozent sehen sie immerhin als eine Gefahr für den Frieden an und 54 Prozent halten eine Rückkehr zum Nationalsozialismus für möglich. The ugly German (»Der häßliche Deutsche«) taucht in der amerikanischen Presse immer wieder als Titel auf, und Time vergleicht sogar den Angriff der Skins auf die rumänischen Zigeuner in Rostock mit dem Überfall der Serben auf Bosnien. Und um ein Haar wäre in den Vereinigten Staaten anstelle des Englischen, der »Sprache des britischen Feindes«, Deutsch offizielle Sprache geworden, so wie in Argentinien Italienisch hinter Spanisch den Kürzeren gezogen hat.

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