Anleitung, die Deutschen zu lieben

Kapitel I (3 teil)

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Der Deutsche gilt als überheblich, chauvinistisch, nationalistisch und überzeugt von der angeborenen Überlegenheit der deutschen »Rasse« über den Rest der Welt.

Wirklich? Auf die Frage: Sind Sie stolz darauf, Amerikaner zu sein? antworten 96 Prozent mit »Ja«. Ein wahrer kollektiver Aufschrei nationalistischen Stolzes. An zweiter Stelle stehen die Iren mit 91 Prozent, die Engländer folgen mit 86 Prozent, und sogar wir Italiener platzieren uns mit 80 Prozent in der Spitzengruppe. Die Deutschen sind mit 59 Prozent die letzten.

Auf die nächste unvermeidliche Frage: Und worauf sind Sie stolz? verstecken sich die Deutschen im Oktober 1984 hinter dem strapazierten Thema Kultur Mit 71 Prozent nennen sie an erster Stelle Goethe, Schiller und die anderen großen Dichter, für ebenso viele sind es die schönen Landschaften. An dritter Stelle, mit 63 Prozent, stehen Beethoven, Bach und Brahms und heben den Nationalstolz. Dann werden noch die leistungsstarke Industrie, die deutsche Wissenschaft und Forschung genannt sowie die mittelalterlichen Städte, der Kölner Dom, der Fleiß des Volkes, die Philosophen, die Autos, die deutsche Treue und Zuverlässigkeit. Sogar der Fußball mit 20 Prozent steht noch vor »Preußen und dem Kaiser«.

Wir wollen diese Antworten mit den Antworten in anderen Ländern vergleichen: Die Amerikaner loben mit 85 Prozent an erster Stelle ihr politisches System und die Institutionen; die Briten haben denselben Grund, stolz zu sein, aber nur mit 46 Prozent. Wir Italiener sind nur zu drei Prozent stolz auf unser System, und zwar aus den unterschiedlichsten Gründen: an erster Stelle, mit 25 Prozent, steht die natürliche Qualität des Landes, eine etwas vage Antwort.

Ohne sich um Nietzsches Warnung zu kümmern, lautet die Frage weiterhin, was denn nun typisch deutsch sei. Im April 1989 sucht Die Zeit mit einer kleinen Anzeige eine Antwort: »Typische Deutsche« gesucht. Hier sind einige Beispiele.

Hermann Seidenberg aus Essen ist mit einer türkischen Lehrerin verheiratet. Typisch deutsch sei ein Kompliment, versichert er, es bedeute ordentlich, treu, ehrlich, mutig und perfektionistisch. Aber er ist mit 41 Jahren schon pensioniert.

Helmut Wirzberg aus Köln hält sich selbst für pünktlich, gründlich und offen, aber er findet nicht, daß der andere Helmut, der Kanzler, ein typischer Deutscher ist. Er sei nur Rheinländer, behauptet er, und Hitler sei kein Deutscher gewesen und habe eine typisch deutsche Eigenschaft mißbraucht: den Gehorsam. Der Kölner ist ärgerlich auf die Polizei, meint, es sei mehr Nationalbewußtsein gegen die Neonazis vonnöten und liebt arabische Landschaften.

Ulrike Martinius, 60, ist in Ostpreußen geboren und lebt in der Nähe von Bremen. Sie ist überaus höflich – das sind ihre eigenen Worte –, pünktlich und fleißig, benutzt keine Kosmetika und trägt schlichte Kleider, die sie selbst näht, sie bäckt ihr eigenes Brot und kocht Marmelade aus den Früchten des Gartens. Sie wählt die Sozialdemokraten, und ihr Freund ist bei den Grünen, deren Haltung ihrer Meinung nach zu wenig klar ist. Typisch deutsch in puncto Frauen? Sparsamkeit, Toleranz, Treue, Zuverlässigkeit. In Afrika, wo sie jahrelang als Krankenschwester war, sagte man im Krankenhaus zu ihr, wenn alle Deutschen so arbeiteten wie sie, würde man nicht nach Deutschland kommen.

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