Anleitung, die Deutschen zu lieben

Italien gegen Deutschland 4 zu 3

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Die Mißverständnisse sind aber nicht eingleisig. Die Deutschen verabschieden sich inzwischen mit einem dröhnenden ciao anstelle des anstrengenden Auf Wiedersehen, aber sie halten auch hartnäckig daran fest, picco bello (tadellos) sei ebenso italienisch wie alles paletti (alles in Ordnung). Mein Bruder Andrea, Professor für Alte Geschichte in Rom, dessen Essays auch in Deutschland übersetzt sind, erhält Briefe, die an Fräulein oder Frau Professor adressiert sind. Im Deutschen ist Andrea weiblich, und um Mißverständnisse zu ver­meiden, müßte sich mein Bruder ein »s« dranhängen, Andreas.

Sprachliche und auch geographische Ignoranz. Aber ich muß zugeben, daß auch in diesem Punkt die Schuld eher auf unserer Seite liegt. Die Deutschen, außer denen, die seit Jahrzehnten Rimini oder Riccione treu sind, besuchen systematisch und bei 40 Grad im Schat­ten alle Kirchen Roms und kennen die etruskischen Gräber und den bürokratischen Ritus, um eingelassen zu werden. Unsere Kenntnisse über Deutschland erschöpfen sich mehr oder weniger mit Tacitus.

In der Grundschule mußte ich, wie Millionen andere Italiener auch, die Verse über den unglücklichen Konradin von Schwaben auswendig lernen. Aber viele, die sich noch daran erinnern, sind überzeugt, daß er aus Schweden kam und nicht aus Baden-Württemberg, das an die Schweiz grenzt.

Ob und wie man Städtenamen übersetzen soll, wird immer ein Rätsel bleiben. Daß Aachen zu Aquisgrana wird, damit sind alle einverstanden. Aber Augsburg oder Augusta? Trier ist das Treviri von Marx, aber Speyer ist Spira, und muß aus Regensburg wirklich Ratisbona werden? Ich bin kein Purist, aber als ich einmal in einem Buch über das präraffaelitische Bild Der schwarze Reiter von Braunschweig schrieb, protestierte ich, als in den Druckfahnen Brunswick stand. Mit dem ungebräuchlichen italienischen Brunsvico hätte ich mich abfinden können, aber warum sollte man den englischen Namen nehmen?

Vor dem Fall der Mauer glaubten viele Italiener, auch Kollegen, Berlin befinde sich direkt auf der Grenze zwischen den beiden Deutschlands und sei deswegen in zwei Hälften geteilt. Ein Korrespondent schrieb in einem Artikel: »… mit dem Auto fahre ich von Berlin aus quer durch die DDR in Richtung Westen.« Spätabends rief ihn ein Redakteur an und meldete: »Du warst wohl ein bißchen zerstreut… Ich hab‘ dir deinen Artikel verbessert… Ich fahre von Berlin Richtung Osten … wie kannst du denn sonst quer durch die DDR fahren?«

Unsere Politiker, die den Deutschen immer Ratschläge für ihr Schicksal erteilen wollten, glaubten das auch, aber ich bin fair und nenne keine Namen. Das ist Schnee von gestern.

Nichts ist jedoch so zählebig wie die Fehler von uns Journalisten. Und manche haben meinen Aufenthalt in Deutschland getrübt. Eine der renommiertesten Tageszeitungen schrieb: »Die Hamburger pflegen abends auf die Brücke am Ozean zu gehen, um das Gebrüll der Wellen zu hören.«Freunde und Bekannte, die mich in Hamburg besuchten, wollten abends nach dem Essen immer auf die Brücke gehen.

»Hier gibt’s keine Brücke«, antwortete ich.
»Ich möchte den Ozean sehen.«
»Es gibt auch keinen Ozean.«

»Dann eben die Nordsee«, verbesserte sich der Gast und bezwang seinen Unwillen ob meiner Pedanterie. Meer oder Ozean, Hauptsache, es brüllt. »Oder vielleicht die Ostsee«, fügte er hinzu.
»Weder noch. Hamburg liegt nicht am Meer.«

Ich lebte seit sechs Jahren in Hamburg, aber manchmal schaute mich jemand zweifelnd an: »Bist Du sicher?« In Hamburg gibt es doch einen Hafen.

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