Anleitung, die Deutschen zu lieben

Zu Hause…

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Zu Hause © il Deutsch-Italia
Zu Hause © il Deutsch-Italia
Drei K oder drei S

Einst gründete sich die Familie auf die drei klassischen K: Kinder, Küche, Kirche, was nicht unbedingt in dieser Reihenfolge und eher für die Frauen als die Männer galt. Aber heute sind die Kirchen leer, das nützlichste Küchengerät ist die Tiefkühltruhe, für gewöhnlich ißt man in der Büro- oder Fabrikkantine, und abends verzehrt man vor dem Fernseher das Abendbrot, Wurst und Käse auf Schwarzbrot, falls man nicht italienisch essen geht. Was die Kinder anbelangt, so werden immer weniger geboren, und sie leben immer gefährlicher: 43 000 wurden 1989 in Unfälle verwickelt, und die Zahl der Unfälle ist seitdem um 83 Prozent gestiegen.

Heute gründet sich die Familie weniger auf drei K als auf drei S: Sex, Stau und Stasi. Ersterer läuft elektronisch ab, denn die verstopften Autobahnen zerren an den Nerven, und die Stasi, die rote Gestapo des kommunistischen Regimes, spionierte besonders gern das Familienleben aus.

Die deutschen Mütter fanden oder finden es normal, lieber bei ihren Kindern zu bleiben, als arbeiten zu gehen. Auch weil die Gesellschaft sie dazu zwingt. In der früheren DDR standen mehr als genug Krippenplätze zur Verfügung, nicht etwa weil man etwas für die Frauen tun wollte, sondern weil Arbeitskräfte gebraucht wurden, und fast alle Frauen waren ja beschäftigt; im Westen und jetzt im vereinigten Deutschland sind die Plätze sehr knapp und private Kindergärten sehr teuer. Auch wenn kein Politiker es zugeben könnte oder wollte, ist der gewünschte Effekt, daß die Frauen zu Hause bleiben oder höchstens einer Teilzeitarbeit nachgehen, was der Beschäftigung der Männer zugute kommt. Viele Frauen sind damit einverstanden oder sagen, sie seien es. Sie bleiben also zu Hause und kümmern sich um ihre Kinder, genau wie eine italienische Mamma, wie man sie sich halt so vorstellt.

Sobald das Kind allein zurechtkommt, ändert sich die Situation mit einem Schlag. In Deutschland werden Sie nie eine solche italienische Szene erleben, bei der die Eltern sich vor der Schule versammeln und auf ihre Kinder warten, die wie zerbrechliche Ministars beim Künstlereingang herauskommen. Die Kleinen müssen vor dem Regen und dem Verkehr geschützt werden. Ich habe gesehen, wie Schulkinder im Bus Erwachsene fragten, wo sie denn seien, weil sie zu klein waren, um aus dem Fenster sehen zu können, und nicht wußten, wann sie aussteigen mußten. Jedes Jahr ereignen sich auf dem Schul- oder Nachhauseweg Katastrophen. Im ersten Jahr nach der Wiedervereinigung gab es im Osten ein Blutbad unter den Kindern, die überhaupt nicht auf den Verkehr, wie er sich in westlichen Ländern abspielt, vorbereitet waren, und die höhere Geschwindigkeit der kapitalistischen Modelle im Vergleich zu den alten Plastiktrabbis nicht richtig einschätzten.

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