Anleitung, die Deutschen zu lieben

Martin Luther und Karl Marx, nicht zu vergessen die Mark

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Karl Marx © il Deutsch-Italia
Karl Marx © il Deutsch-Italia

Respekt vor dem Bürger

Der Deutsche respektiert die Obrigkeit. Bisweilen kann auch ein Vorurteil richtig sein. Der Bürger ist aus Prinzip immer auf der Seite des Staates, und wer die Macht besitzt, der hat Recht. Der Kanzlerbonus bedeutet die Benachteiligung des Herausforderers gegenüber demjenigen, der bereits Regierungschef ist.

Im Zweifelsfall gilt die Gunst dem Kanzler, und der Herausforderer darf sich nicht im Ton vergreifen. Ganz anders als bei uns mit den Spezialisten der Fernsehschlachten gilt jemand, der aggressiv wird, als Flegel, der den gesellschaftlichen Frieden stört.
Aber die Obrigkeit respektiert auch den einzelnen. Meistens. Das ist die Basis des Gesellschaftsvertrages, der in Deutschland Bestand hat. Auf der einen wie der anderen Seite gilt bis zum Gegenbeweis das gegebene Wort. Und auf wen man sich nicht verlassen kann, dem wird nicht vergeben. Die Deutschen haben Helmut Kohl die Lüge bei der ersten Wahl nach der Vereinigung niemals verziehen. Er hatte versprochen, die Steuern nicht zu erhöhen, und war wenige Monate später gezwungen, sein Wort zurückzunehmen.
In der Vergangenheit hatte der Kanzler freimütig zugegeben, wenn er sich getäuscht hat, und nicht nur einmal. Das tat er auch, als er den Steuerzahlern »in die Taschen langte«: Es tue ihm leid, er habe sich verrechnet. Diesmal begann das Ansehen des Kanzlers, der die Rekordamtsdauer von Konrad Adenauer zu übertreffen hoffte, zu bröckeln.
Die Deutschen wissen, daß ihr Staat nicht vollkommen ist. Aber er ist kein wetterwendisches, durchtriebenes Monster nach italienischer Art, das die Spielregeln ändert, wie es ihm paßt, das fordert und nicht gibt, das persönliche Rechte mißachtet und geringfügige Entgleisungen erbarmungslos verfolgt, als wären es schreckliche Verbrechen. Schließlich sind die Fehler des Staates in Deutschland auch voraussehbar, und man kann für Abhilfe sorgen.
Die Berliner Morgenpost beklagte jüngst die öffentliche Schlamperei; neben verschiedenen Beispielen fauler, inkompetenter Beamter erfuhr ich, daß man mitunter 157 Tage warten muß, um das vom Finanzamt zuviel kassierte Geld zurückzubekommen. Die Italiener würden vor Freude in die Luft springen. Sie müssen sich jahrelang gedulden, und dann erhalten sie weitgehend entwertete Geldbeträge. Es wurde schon gesagt, daß unsere Probleme und die der anderen Europäer die Deutschen im Allgemeinen wenig kümmern. Sie verlangen Vollkommenheit.
Vielleicht sollten sie sich in Mäßigung üben.
Als ich aus den Weihnachtsferien in Italien zurückkam, fand ich ein Schreiben vom Finanzamt vor, das mich auf ein Guthaben von etwa tausend Mark hinwies. Ich öffnete weitere Post, die sich während meiner Abwesenheit angehäuft hatte, und fragte mich schon, was wohl zu tun wäre, um an das Geld zu kommen, als ich feststellte, daß es bereits auf mein Bankkonto überwiesen war. Ich hatte dem Finanzamt nie die Kontonummer mitgeteilt, aber der Beamte hatte einfach nachgesehen, über welche Bank ich meine Steuern zahlte. Für die Deutschen ist das ganz normal, mir kommt es vor wie eine Fata Morgana.
In Deutschland werden ja auch Steuern gezahlt, halten unsere Politiker uns vor. Zunächst einmal sind die Steuersätze, auch wenn sie dauernd steigen, nicht so katastrophal wie in Italien. Sogar der strenge Kanzler Helmut Schmidt, der uns nicht besonders mochte, schreibt in seinen Memoiren, wenn ein italienischer Unternehmer wirklich alle Steuern und Abgaben bis auf die letzte Lira zahlen würde, müßte er an den Fiskus 120 Prozent seiner Einkünfte abführen.

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