© il Deutsch-Italia
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Die Deutschen arbeiten also weniger, arbeiten sie denn besser? Zweifel beschleichen uns, zu Recht: Nach eigenen Berechnungen rangiert ihre Produktivität weltweit unter den niedrigsten, und die Qualität des made in Germany wird von Herstellern wie Verbrauchern in Frage gestellt.

Herman Marcus schrieb schon 1970 in Die faule Gesellschaft. Wie die Deutschen arbeiten, nirgendwo sonst sei in der Nachkriegszeit soviel gebaut worden wie hier, und die Deutschen besäßen nach den Amerikanern die meisten Autos, Fernseher, Radios, Kühlschränke und Waschmaschinen. Er fragt nach der Ursache des deutschen Wunders und erklärt, es bedeute nicht, daß alle so fleißig und tüchtig seien. Das Wunder wurde mit Hilfe der Gastarbeiter vollbracht – eine freundliche Bezeichnung der Immigranten, von denen es heute fast sechs Millionen gibt.

Ich war gerade nach Deutschland gekommen, als das Hamburger Verlagshaus, das mich beherbergte, die Redaktionen weißen lassen wollte. Mein Büro war so eng wie alle anderen auch (wäre es eine Zelle gewesen, dann hätte Amnesty International protestiert). Nach einem Monat waren die Maler immer noch nicht fertig. Ich war es leid, Schreibmaschinen und andere Kleinigkeiten mit Planen abzudecken, und beschwerte mich bei ihrem Vorarbeiter.

»Tut mir leid«, entschuldigte er sich, »aber ich habe keine Italiener bekommen.« Ich glaubte, er mache sich über mich lustig, aber er meinte es ganz und gar ernst. Seine deutschen Arbeiter, erklärte er mir, waren nicht wie die Gastarbeiter bereit, Überstunden zu machen. Ganz konnte er mich nicht überzeugen, denn ich war ein Neu­ling und glaubte noch an die Überlegenheit der Deutschen.

Bei einer anderen Gelegenheit, einem Umzug in Hamburg, kommen die Möbelpacker pünktlich um acht, aber sie haben vergessen, sich bei der Polizei eine Parkerlaubnis für ihren Lastwagen zu besorgen. Sie erledigen das und kommen um 9 Uhr zurück, gerade rechtzeitig zur Kaffeepause. Sie dauert gut zwanzig Minuten. Um halb elf muß es Brotzeit geben, um zwölf ist Mittagessen angesagt, und um drei wird Kaffee getrunken.

Ein Vierteljahrhundert später wieder ein Umzug, diesmal nach Berlin. Als wir den Mietvertrag abschließen wollen, stellen wir fest, daß die Hintertür nicht schließt. Man verspricht uns, das Schloß auszuwechseln. Einen Monat später, als wir von Bonn kommen, steht die Tür immer noch sperrangelweit offen. Ich rufe die Gesellschaft an, der das Haus gehört. Die Sachbearbeiterin ist im Urlaub. Und ihr Stellvertreter? Beim Mittagessen. Als er zurückkommt, teilt er mir mit, daß Kundenverkehr nur mittwochs stattfindet. Ich drohe, ein Telegramm oder ein Fax zu schicken, in dem ich sie für jeden Diebstahl verantwortlich mache, der in der Zwischenzeit stattfinden sollte. Das wirkt: »Ich schicke Ihnen ein neues Schloß.« Ein Mann kommt mit einem Päckchen und reicht es mir. Was ist das?

»Das Schloß.« Und wer baut es mir ein? Er zuckt die Schultern, er sollte es nur bringen, von Einbauen hat keiner was gesagt, und geht wieder. Ich rufe bei der Gesellschaft an. »Feierabend«, sagt der Anrufbeantworter, dieses Zauberwort, freitags um 15 Uhr sind alle schon zu Haus. Übers Wochenende verbarrikadieren wir die Tür mit meinen Bücherkisten.

Dann stelle ich fest, daß in der Küche die Abflußrohre der Waschmaschine verkehrt herum angeschlossen sind. Die Küche ist der größte Raum, aber der Herd steht ohne jeden Grund hinter der einzigen Säule, und der Schalter der Dunsthaube liegt so hoch oben, daß sogar Basketballstar Magic Johnson seine Schwierigkeiten hätte.

Focus zufolge sind die Handwerker vom Aussterben bedroht. Es gibt zu wenig Lehrlinge, und die »alte Garde« bummelt. Aber das ist nicht nur ein deutsches Übel; auch Woody Allen hat Schwierigkeiten, in New York Gott und einen Installateur zu finden.

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