Die Deutschen? Großartige Arbeiter! tönt es im Chor von Bogota bis Tokio, von Canicatti bis Stockholm. Sie sind auch selbst davon überzeugt, daß der Fleiß ihre größte Tugend sei, um die sie die ganze Welt beneidet. Wie kann man sich nur so gründlich täuschen! George Bernard Shaw hatte schon recht: Wenn alle von etwas überzeugt sind, dann stimmt das Gegenteil. Der deutsche Arbeiter hält in der Tat einen zweifachen Weltrekord: Er arbeitet am wenigsten und wird am besten bezahlt. Niemand auf der Welt arbeitet so wenig, 1600 Stunden pro Jahr, die Japaner arbeiten 2350 Stunden, die Amerikaner 2007, sogar wir Italiener, die berühmten Faulpelze, überbieten sie mit 1725 Stunden.
Das sind wohlgemerkt die offiziellen Arbeitsstunden. Wie steht es mit Fehlzeiten, Streiks, Krankheit? Auch diese Disziplinen nehmen die Deutschen keineswegs auf die leichte Schulter. Sie sind inzwischen Spezialisten im Verlängern von Wochenenden; krank wird man meistens am Freitag (37 Prozent), der Montag folgt mit 30 Prozent (das ist das Dreifache vom Dienstag), wobei es keinen Unterschied zwischen öffentlichem Dienst und privat Beschäftigten gibt.
Von den Arbeitern feiern 42 Prozent krank, von den Beamten 25 Prozent. Einer von drei Angestellten gibt zu, regelmäßig ein passendes Attest vorzulegen, und jeder zweite kennt einen Arzt, der es problemlos ausstellt.
Am 13. Mai 1994 war an der Tür des Kreuzberger Finanzamtes ein Aushang zu lesen, der in die Geschichte eingehen sollte: Geschlossen wegen Krankheit aller Angestellten. Firmen beschäftigen Privatdetektive, die Nachforschungen über die Abwesenden anstellen sollten. Der Professor für Ökonomie Eberhard Hamer stellt fest, die auf die Drückeberger zurückzuführenden Schäden würden sich auf jährlich 31 Milliarden belaufen.
Auf der Bestsellerliste steht inzwischen ein Büchlein mit dem Titel Lieber krank feiern als gesund arbeiten. Die Kölner Stadtverwaltung belohnt jeden mit 5 000 DM, der ein Jahr lang nicht krank wird. 1910 gab es fünf Urlaubstage, 1960, zu Beginn des Wirtschaftswunders, waren es 16, heute sind es mit 31 Tagen doppelt so viele, wie in Italien auch. Die reine Arbeitszeit ist auf 1519 Stunden jährlich gesunken. Für den Augenblick.
Es wird weniger gearbeitet und mehr verdient. Der Stundenlohn beträgt 25 Dollar gegenüber 18 Dollar bei uns in Italien, womit wir an zweiter Stelle stehen – da (3 dem Arbeitnehmer viel weniger im Beutel bleibt, ist ein anderes Kapitel in Kanada und Frankreich sind es 17, in Amerika und Japan 16, in Großbritannien 14 Dollar.
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