Anleitung, die Deutschen zu lieben

Martin Luther und Karl Marx, nicht zu vergessen die Mark

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Karl Marx © il Deutsch-Italia
Karl Marx © il Deutsch-Italia

Das deutsche Sozialsystem ist ein Mischling, ein Körper mit zwei Seelen in ewigem Widerstreit, aber der Zwiespalt löst sich in einem fortwährend erneuerten, in seiner Ungewißheit stabilen Kompromiß auf. Das System fußt auf den Prinzipien des freien Marktes und zugleich auf der Solidarität christlicher und sozialistischer Prägung. Zwar gelten die Gesetze der Wirtschaft und des Geldes, aber man ist nicht wie in Amerika einer erbarmungslosen Gesellschaft oder einem Zynismus à la Thatcher ausgeliefert. Es wird versucht, das Kapital und zugleich die Rechte der Schwächsten, die Bedürfnisse der Großindustrie und die des Individuums zu schützen. Luther, Marx, die katholische Kirche und die Deutsche Mark finden sich in einer Mixtur wieder, die alle zufriedenstellt und niemandem schmeckt. Aber sie funktioniert.
Die soziale Gerechtigkeit ist nicht vollkommen, aber nirgends lebt man besser als in Deutschland. Es gibt reichere Länder, und es gibt Länder, in denen dem einzelnen größere Sicherheiten geboten werden. Sogar bei uns, wenn auch nur auf dem Papier. So gibt es in der Wirtschaft konservative Liberale, die für Steuerentlastungen der Unternehmen kämpfen, vor allzu großzügigen Subventionen und unterschiedsloser Fürsorge warnen und zugleich fortschrittlich sind, wenn die demokratischen Freiheiten auf dem Spiel stehen. Oder Sozialdemokraten wie Karl Schiller und Helmut Schmidt, die das Wirtschaftswunder unterstützen und die Arbeitnehmer nicht besonders »verwöhnten«. Als Volkswagen – ein staatliches Unternehmen, was in Deutschland eine Seltenheit ist – Schmidt in einer Krisensituation um Unterstützung bat, antwortete dieser: »Baut bessere Autos oder schließt.« Sie bauten sie und waren erfolgreich, auf Kosten unserer Autos.
Kapital wird nur deshalb besteuert, weil die Richter des Verfassungsgerichtshofes, die um eine für alle gleiche Steuergerechtigkeit bemüht sind, es verlangen. Und der konservative Finanzminister Theo Waigel gehorcht, »sowenig es nur geht«, um eine Flucht von Kapitalvermögen ins Ausland zu vermeiden. Ist ein Industrieunternehmen in Schwierigkeiten, kann es Arbeiter entlassen, und die Lohnausgleichskasse gilt als italienische Tollheit. Wer keine Arbeit mehr hat, bleibt nicht sich selbst überlassen. Man bekommt ein Jahr lang 80 Prozent vom letzten Lohn, je nach Fall manchmal auch mehr. Man muß auch gar nicht da sein, um Arbeitslosengeld zu beziehen. Man kann sich das Geld nach Mallorca oder auf die Kanarischen Inseln schicken lassen, wo die Lebenshaltungskosten geringer sind, vorausgesetzt, man wird alle drei Monate im Arbeitsamt vorstellig.

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